Videorecorder aus Staßfurt?

Was hat es mit der Existenz eines Funktionsmusters eines Videorecorders, das zufällig 2025 im ehemaligen VEB Fernsehgerätewerke in Staßfurt entdeckt wurde, auf sich?

Hier die recherchierten Fakten:

Tatsächlich gab es Mitte der 80er Jahre Aktivitäten auf diesem Gebiet, sowohl in Staßfurt, als auch in weiteren, für dieses Thema relevanten Unternehmen der DDR.

Erklärte Absicht der staatlichen Plankommission der DDR war es, moderne Videorecorder und Videokassetten aus eigener Produktion für das heimische Wohnzimmer im RFT-Fachhandel zeitnah der Bevölkerung für Mark der DDR zum Kauf anzubieten.

Mitte des Jahres 1984 begannen im VEB Fernsehgerätewerke in Staßfurt die Vor-planungsarbeiten zur Realisierung des staatlichen Investitionsvorhabens: „Erweiterung der Produktionskapazitäten zur Fertigung von Videorecordern“. Im Rahmen der Umsetzung dieses Investitionsvorhabens sollten auf dem Betriebsgelände des Fernsehgerätewerkes an der Löderburger Straße im Zeitraum von 1986 – 1988 zunächst ein neues Produktions- und Lagergebäude, ein neues Hochregallager – Gebäude, sowie ein neues Mehrzweckgebäude für die Fertigung der Videorecordertechnik entstehen. (Dazu gibt es Schriftverkehr aus den Archiven.)

Parallel zur Investitionsvorbereitung erfolgte im August 1984 im Fernsehgerätewerk die Gründung eines Stabes Videorecorder-Technik mit dem Auftrag, ein Funktionsmuster zu bauen, daran die Machbarkeit zu prüfen und bestehende Probleme aufzuzeigen.

Der 5-köpfigen Entwicklungsgruppe, die das Muster bauen sollte, geleitet von Dr. Karl Will, standen nach Bedarf, die fachlichen Kapazitäten des Fernsehgerätewerkes uneingeschränkt zur Verfügung.

Als Laufwerk, dem entscheidendsten Teil des Musters, wurden Laufwerke aus sowjetischer und westlicher Produktion bereitgestellt.-1-

Das Funktionsmuster sollte nachfolgende Bedingungen erfüllen:

System VHS, Aufnahme und Wiedergabefunktion, SECAM (Pal wurde mitbetrachtet), möglichst kein Einsatz von Bauelementen und Komponenten aus dem Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet, abgekürzt NSW.

Auf dieser Grundlage wurde zur Jahreswende 1985/1986 das funktionsfähige Muster fertiggestellt.

Die mit dem Funktionsmuster bereitgestellten Schaltpläne, Stücklisten, Kalkulationen, notwendige Softwareentwicklungen und Messgeräte, waren die Grundlage für die fundierte Analyse der Machbarkeit einer heimischen Produktion von Videorecordern für den Markt der DDR.

In den Partnerunternehmen für die Entwicklung des Videorecorders, wie:

  1. Uhrenwerk Ruhla für Laufwerksentwicklung
  2. Tonkopfwerk Leipzig für Videoköpfe
  3. Magnetbandfabrik Wolfen für Kassetten,

wurden die technisch/technologischen Möglichkeiten und Probleme gleichermaßen ausgelotet, in deren Ergebnis festgestellt werden musste, dass die Voraussetzungen für eine Investition in ein Vorhaben „Videorecorder“ zum damaligen Zeitpunkt nicht gegeben waren.

Die Arbeiten wurden deshalb 1986 eingestellt.

(Diese Fakten sind aus der Erinnerung des Zeitzeugen und Verantwortlichen für das Videorecorder-Funktionsmuster, Dr. Karl Will, bereitgestellt worden)

Durch glückliche Umstände blieb dieses Funktionsmuster als Zeitzeuge des anspruchsvollen Vorhabens der Produktion eines DDR-Videorecorders bis heute erhalten und kann in der Sammlung des Vereins besichtigt werden.

Zusammengestellt aus den Recherchen von Franz Korsch und Jürgen Hofmann.

Staßfurt, November 2025

vorläufige Fotos

Kategorien: News